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| Pressemitteilung

Mikroplastik transportiert metallische Schadstoffe: dem Trojanischen Pferd auf der Spur

HZG-Wissenschaftler entwickeln Verfahren zur Messung von Metall in Mikroplastik

Über die Anreicherung und den Transport persistenter organischer Schadstoffe durch Mikroplastik gibt es vergleichsweise viele Studien. Doch die Daten über die Anreicherung von für die Umwelt giftigen Metallen sind sehr rar und bisweilen wissenschaftlich unzuverlässig. Ein Team aus Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung (HZG) hat jetzt gemeinsam mit Kollegen der Bundesanstalt für Gewässerkunde und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ein Verfahren entwickelt, mit dem entsprechende Metalle in Mikroplastik zuverlässig nachgewiesen werden können. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachmagazin PLoS ONE veröffentlicht.

Lars Hildebrandt im Labor

Doktorand Lars Hildebrandt beschäftigt sich im Institut für Küstenforschung mit Mikro- und Nanoplastikpartikeln in der aquatischen und marinen Umwelt. Foto: HZG/Steffen Niemann

Mikroplastik in der Umwelt ist gleich aus zwei Perspektiven betrachtet ein globales Problem: Zum einen, weil in Laborversuchen gezeigt werden konnte, dass die Plastikpartikel toxisch sein können, und zum anderen, weil die Partikel als Vehikel für den Schadstofftransport in der Umwelt fungieren können. Letzteres liegt an den chemischen und physikalischen Eigenschaften des Mikroplastiks: Einige Schadstoffe, die man zum Beispiel im Fluss oder im Meerwasser findet, können sich im Plastik selbst anreichern; andere sind bereits durch ihre Herstellung in den Partikeln enthalten, sodass sie einen ganzen Cocktail an unterschiedlichsten Stoffen mit sich führen können. Dabei sprechen die Wissenschaftler vom „Trojanischen-Pferd-Effekt“. Darüber, welche und wie viele umwelttoxikologisch relevante Metalle sich im Plastik anreichern, gibt es bislang kaum verlässliche wissenschaftliche Untersuchungen. Forschende des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG), der Bundesanstalt für Gewässerkunde und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben im Fachjournal PLoS ONE jetzt ein validiertes mikrowellen-gestütztes Verfahren vorgestellt, mit dem die wichtigsten Kunststofftypen in Hinblick auf die in ihnen enthaltenen Metalle untersucht werden können.

50 verschiedene Metalle in Mikroplastikpartikeln gemessen

„Die Basis für eine zuverlässige wissenschaftliche Beurteilung des Transports von Metallschadstoffen durch Mikroplastik sind validierte Laborverfahren“, erläutert Lars Hildebrandt, Erst-Autor der Studie und Doktorand in der HZG-Abteilung Marine Bioanalytische Chemie. „Mit dem neuen Verfahren können nun über 50 verschiedene Metalle in Mikroplastikpartikeln quantifiziert werden.“

Mikroplastikpartikel

Die verschiedenen Materialien sind zwischen mehreren Millimetern (größere Partikel) bis hin zu unter 100 Mikrometer klein. Die Form der Partikel selbst spielt für das neue Verfahren keine Rolle. Foto: HZG/Lars Hildebrandt

Das Team rund um Lars Hildebrandt hat für die Messungen zertifizierte Kunststoff-Referenzmaterialien im Mikroplastikgrößenbereich von bis zu fünf Millimetern verwendet. Bei diesen Materialien wissen die Forschenden ganz genau, welche Metalle produktionsbedingt enthalten sind und dementsprechend bei den Ergebnissen erscheinen müssten. Die Wissenschaftler haben die Materialien mit verschiedenen Kombinationen starker Säuren behandelt und mithilfe von Mikrowellenstrahlung erhitzt, bis sich das jeweilige Material vollständig aufgelöst hat. So konnten sie eine geeignete Säuremischung ermitteln, mit der alle untersuchten Materialien zuverlässig aufgelöst werden. Die Proben wurden anschließend mit einem Massenspektrometer untersucht. Damit kann nachgewiesen werden, welche Elemente in welchen Mengen in der Probe enthalten sind.

Metalle aus der Plastikproduktion und der Umwelt nachweisbar

Probengefäß

In diesen Gefäßen werden die Proben aufbereitet und anschließend den Mikrowellen ausgesetzt. Danach werden die Materialien mit einem Massenspektrometer untersucht. Foto: HZG/Steffen Niemann

Mit dem neuen Verfahren können in den Mikroplastikpartikeln sowohl die Metalle nachgewiesen werden, die in der Plastikproduktion eingesetzt werden, als auch jene, die aus der Umwelt, beispielsweise aus Meerwasser, an die Partikel gebunden werden können. Zum Beispiel wird das Halbmetall Antimon oft als Katalysator für die Produktion von PET eingesetzt und ist dementsprechend im Plastik selbst zu finden. Schwermetalle wie Cadmium und Blei, die für viele Organismen giftig sind, können ebenfalls durch die Produktion enthalten sein, aber auch aus der Umwelt an die Oberfläche der Partikel gebunden werden.

Der in der Studie vorgestellte Ansatz wurde erst kürzlich genutzt, um Metall-markierte Nanoplastikpartikel in einem Testsystem zu verfolgen (siehe Publikation unter weiterführende Informationen).

Lars Hildebrandt

Lars Hildebrandt. Foto: HZG/Steffen Niemann

In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler nun gezielt Mikroplastikproben im Elbe-Ästuar und an bestimmten Stellen des Flusses ausbringen. An einem Gestell sollen Behälter ausgebracht werden, die man sich vereinfacht wie spezielle Tee-Eier vorstellen kann. In diesen befindet sich dann das Probe-Material. „Uns interessiert, welche Metalle sich aus dem Wasser an die Oberfläche des Plastiks binden, Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von ‚Sorption´. Dann werden wir in regelmäßigen Zeitintervallen Proben entnehmen, um mit unserer neuen Methode die Konzentrationen im Plastik zu messen und somit die Anreicherung im Zeitverlauf zu untersuchen“, erzählt der Chemiker Hildebrandt als Ausblick.

Originalpublikation


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